Stufe 1
Einfahrt Hauptbahnhof
Ziel der Stufe 1 war – neben der Durchbindung der SPNV-Linien aus Burgstädt, Mittweida und Hainichen ins Stadtzentrum – auch der Umbau und die Aufwertung des Bahnhofsgebäudes.
Das „Einfahrt Hauptbahnhof“ genannte Projekt sollte auch die weiterhin vorhandenen Umsteigebeziehungen am Knoten Chemnitz verbessern. Konkrete planerische Betrachtungen zu allen notwendigen Baumaßnahmen begannen bereits im Jahr 2003. Der Planfeststellungs-beschluss lag zwei Jahre später vor. 2007 ergab eine Nutzen-Kosten-Untersuchung für das Projekt „Stufe 1“ einen vielversprechenden Faktor von 3,8.
Der Baubeginn der Stufe 1 erfolgte im Jahr 2009 mit verschiedenen Vorlaufprojekten. Die drei – in den nächsten Jahren zeitweise sogar parallel realisierten – Teilabschnitte waren:
Planungsphase
Entscheidungsphase
Umsetzungsphase
Fertigstellung
Planungsphase
Entscheidungsphase
Umsetzungsphase
Fertigstellung
Verkehrsinfrastruktur
Die anstehenden großen organisatorischen, rechtlichen und finanziellen Herausforderungen bei der weiteren Projektumsetzung nach Inbetriebnahme der Pilotstrecke erforderten die Entscheidung für einen neuen Vorhabenträger für das Chemnitzer Modell. An die Stelle der City-Bahn Chemnitz trat im Jahr 2005 der ebenfalls 1997 gegründete Zweckverband Verkehrsverbund Mittelsachsen (ZVMS). Der Baubeginn der Stufe 1 erfolgte im Jahr 2009 mit verschiedenen Vorlaufprojekten.
Kernstück des Teilabschnittes Verkehrsinfrastruktur war die 2012 errichtete Blockumfahrung. Diese verbindet die zum Omnibusbahnhof verlängerten Gleisanlagen in der Straße der Nationen mit den neuen Durchfahrtsbahnsteigen 1 und 2 in der Bahnsteighalle. Außerdem wurden die ursprünglichen Gleise entlang der Georgstraße entfernt und am nördlichen Ende der Gleisschleife ein neues Gleichrichterunterwerk zur Stromversorgung errichtet. Der Bahnhofsvorplatz erhielt bereits 2003 eine neue Haltestellenanlage mit dynamischen Fahrgastinformationen, Info-Vitrinen und Sitzmöglichkeiten, wie sie auch später an den Bahnsteigen 1 bis 4 innerhalb der Bahnsteighalle eingerichtet wurden.
Querbahnsteiggebäude
Verglichen mit anderen Teilabschnitten einzelner Stufen des Chemnitzer Modells war der Umbau des Querbahnsteiggebäudes einer der längsten und aufwendigsten. Zwischen dem Ideenwettbewerb im Jahr 2004 zur Gestaltung der Bahnsteighalle und der baulichen Fertigstellung 2014 liegen ganze zehn Jahre. Der Gewinnerentwurf der Berliner GRÜNTUCH ERNST ARCHITEKTEN sah eine umfassende Transformation mit einer Öffnung der Bahnsteighalle vor, bei der zwar ein Teil des Gebäudes abgerissen werden musste, die Tragstruktur aber weitestgehend beibehalten werden sollte.
Nach dem Freizug des Gebäudes in den Jahren 2009 und 2010 wurde die introvertierte Bahnhofshalle aus den 1970er Jahren bis auf die Tragstruktur zurückgebaut und sämtliche Einbauten aus der Fassade entfernt. Um die gewünschte Offenheit zu realisieren, musste ein neues Tragsystem entwickelt werden, das möglichst ressourcenschonend auf dem Bestand aufbaut.
Architektonisches Highlight des Teilabschnittes ist die für einen Großstadtbahnhof einzigartige weiträumige Öffnung der Bahnsteiganlagen, die vom Vorplatz des Bahnhofes den Blick durch die Halle hindurch bis auf das dahinterliegende Gleisvorfeld des Hauptbahnhofes freigibt.
Darüber, in sechs Metern Höhe beginnend, wurde entlang der Mauerstraße und Georgstraße eine Gesamtfläche von 3800 Quadratmetern mit einer Membranfassade aus rund 100 mattierten, pneumatischen ETFE-Folienkissen als Hallenabschluss verkleidet. In den Stunden der Abend- und Morgendämmerung leuchten rund 3850 LED-Lampen hinter den Folienkissen und lassen bewegte Muster über die Fassadenwand gleiten. Mit der Fertigstellung des Querbahnsteiggebäudes wurde die Fassade mit dem Thema „Swarm Study“ des in London und Berlin ansässigen Künstlerkollektivs RANDOM INTERNATIONAL bespielt.
Der Umbau des Hauptbahnhofes erhielt folgende Preise und Anerkennungen:
- Anerkennung beim Sächsischen Staatspreis für Baukultur (2019)
- Architekturpreis des Bundes Deutscher Architekten (2019)
- Architekturpreis der Stadt Chemnitz (2018)
- Deutscher Ingenieurbaupreis, Anerkennung zusammen mit BuroHappold Engineering (2018)
- „polis Award“, 3. Preis in der Kategorie „Reaktivierte Zentren“ (2018)
- „WAF Award“ des World Architecture Festivals, Kategorie „Transport – Completed Buildings“ (2017)
- Auszeichnung beim „best architects award“ (2017)
Eisenbahninfrastrukturanschluss
Die Bahnen des Chemnitzer Modells sowie die Straßenbahnen der CVAG sollten künftig die Gleise 1 bis 4 im Hauptbahnhof Chemnitz befahren. Auf allen anderen Gleisen fuhren weiterhin die Züge des SPNV in Richtung Leipzig, Dresden, Elsterwerda, Hof und ins Erzgebirge.
Die Gleise 3 und 4 waren für den Betrieb mit den Chemnitz Bahnen in und aus Richtung Burgstädt, Mittweida und Hainichen vorgesehen.
Um im Bahnhofsvorfeld das Eisenbahngleis mit dem der Straßenbahn zu verbinden, musste ein Infrastrukturanschluss geschaffen werden. Dafür wurden bis Ende des Jahres 2014 im Gleisvorfeld des Hauptbahnhofes 250 m Gleis inklusive drei neuer Weichen und erforderlicher Signaltechnik verlegt. Auch war der Höhenunterschied von 2,50 m zwischen den niedrig gelegenen Bahnsteigen 1 bis 4 und den verbleibenden Gleisanlagen der Deutschen Bahn inklusive der zugehörigen Querbahnsteige zu überwinden. Dies geschah mithilfe einer Stützmauer.
Inbetriebnahme
Am 15. Februar 2013 fuhr zum ersten Mal eine Bahn von der Straße der Nationen über die neu errichtete Gleisschleife in die Bahnsteighalle hinein. Die Linien 2, 6 und 522 verkehrten im Linienverkehr in die entgegengesetzte Richtung wieder aus dem Hauptbahnhof hinaus.
Die endgültige Durchfahrt wurde am 16. Juni 2014 nach Fertigstellung der Gleisverbindung zum Bahnhofsvorplatz und der Errichtung der Bahnübergangssicherung eröffnet. Ab diesem Zeitpunkt verkehrten die Straßenbahnen der CVAG und die City-Bahn-Linie C11 nach Stollberg über die Bahnsteige 1 und 2 durch den Bahnhof hindurch. Im Sommer 2015 wurden die langersehnten neuen CITYLINK-Fahrzeuge nach Chemnitz gebracht. Bis alle Prüffahrten durchgeführt und die Fahrzeuge einsatzfähig waren, kamen bis ins Frühjahr 2016 auf den Strecken der Stufe 1 weiterhin die Regio-Shuttles zum Einsatz, die anschließend sukzessive ausgetauscht wurden.
Die Fahrten der drei regionalen Bahnlinien nach Burgstädt, Mittweida und Hainichen wurden zwar schon mit den neuen CITYLINK-Bahnen durchgeführt, sie endeten aber noch bis April 2016 an den Bahnsteigen 5 bis 14. Danach bedienten sie bis zum 9. Oktober 2016 bereits die neuen Bahnsteige 3 und 4, endeten aber noch vor der Ausfahrt aus dem Bahnhofsgebäude hinein in die Bahnhofstraße.
Zu ihrem finalen Abschluss kam die Ausbaustufe 1 am 10. Oktober 2016 mit der endgültigen Durchbindung der Linien C13, C14 und C15 bis zum Roten Turm und zur Zentralhaltestelle.
Elektrische Systemtrennstelle
Der 2014 errichtete Eisenbahninfrastrukturanschluss zwischen Straßenbahn und Eisenbahn ließ zwischen der Fahrleitung der Straßenbahn im Bereich der Bahnsteige 1 bis 4 und der Oberleitung der Eisenbahn noch eine Lücke. Eine Verbindung war zu dieser Zeit noch nicht notwendig, da die CITYLINKs der ersten Generation außerhalb des Straßenbahnnetzes ohnehin im Dieselmodus verkehrten.
Ausgelöst durch die Vorbereitung zur Bestellung der rein elektrischen CITYLINKs der zweiten Generation musste am Chemnitzer Hauptbahnhof diese Elektrifizierungslücke geschlossen werden. Zum problemlosen Übergang mit gehobenem Stromabnehmer zwischen 600 V Straßenbahn-Gleichstrom und 15 kV Eisenbahn-Wechselstrom ist die Errichtung einer elektrischen Systemtrennstelle notwendig. Diese wurde mit dem Bau 2014 vorbereitet und in den Jahren 2021 bis 2022 unter laufendem Betrieb errichtet. Nach Testfahrten mit einem Leihfahrzeug aus Karlsruhe im Sommer 2022 erfolgte 2023 die Inbetriebnahme.
Finanzierung
Die Gesamtkosten für die Stufe 1 des Chemnitzer Modells betragen 37,2 Millionen Euro.
Sie wurden zu 60 % durch GVFG-Bundesmittel, zu 15 % durch Landesmittel des Freistaates Sachsen und zu 25 % durch Eigenmittel des ZVMS getragen. Ab 2012 übernahm der Freistaat Sachsen aus den Landesmitteln 30 % und der ZVMS 10 %.
Die Baukosten der elektrischen Systemtrennstelle belaufen sich auf ca. 700.000 Euro. Sie wurden ebenfalls zu 60 % durch GVFG-Bundesmittel, zu 30 % durch Landesmittel des Freistaates Sachsen und zu 10 % vom ZVMS getragen.