- Spezialentwicklung von Rail Power Systems im SRCC erfolgreich getestet
- VMS-Chef Korda: „Wichtiger Schritt für bundesweiten Einsatz von Akkuzügen“
- Fahrten nach Annaberg-Buchholz noch ohne festen Zeitplan
Annaberg-Buchholz/Chemnitz/VMS – Trotz aller Anstrengungen zur Elektrifizierung des deutschen Eisenbahnnetzes werden künftig viele Regionalstrecken fahrdrahtlos bleiben. Nicht überall lohnt sich die Fahrdraht-Investition. Eine Alternative zum Elektroantrieb ohne Fahrdraht ist beim SRCC (Smart Rail Connectivity Campus) in Annaberg-Buchholz entstanden. Der VMS ist daran beteiligt. Auch, weil später einmal VMS-Akkuzüge Annaberg-Buchholz ansteuern sollen.
Stromantrieb ohne Draht? Das funktioniert – siehe Besuch des ersten VMS-Akkuzuges Alstom Coradia Continental in Chemnitz zum späteren Einsatz auf der Strecke RE 6. (Pressemeldung VMS 42/2023 und Medienbeiträge vom 21./22. August 2023).
Allerdings bedarf das Akkuzug-Konzept einer wichtigen Voraussetzung: Zum Nachladen muss geeigneter Bahnstrom (aus der Oberleitung) vorhanden sein (15.000 Volt/16,7 Hertz). Doch was flächendeckend in ganz Europa anliegt, ist für Akkuzüge untauglicher Strom aus den Landesnetzen (10.000 oder 20.000 Volt bei 50 Hertz).
Was tun? Um die Nuss zu knacken, hat sich ein Konsortium gebildet (DB Energie, DB Regionetz Infrastruktur, F&S Prozessautomation, Rail Power Systems, SRCC, TU Dresden und VMS). Dieser Zusammenschluss von Unternehmen und Institutionen errichtete eine Ladestation, die den Landesstrom auf bahntaugliche 15.000 Volt unter Beibehaltung der Frequenz von 50 Hertz umwandeln und bereitstellen kann. Die Firma Alstom hat im Auftrag des VMS die Akkuzüge an diese Art des Ladens angepasst.
Nun schlug dieser bundesweit einmaligen Technologie die Stunde der Wahrheit: Der VMS-Akkuzug, den künftige Fahrgäste, Politiker und die Branche am 21. August in Chemnitz begrüßt hatten, verließ bei Flöha das „Bahnstromland“ und fuhr zu den entscheidenden Tests zur Ladestation nach Annaberg-Buchholz. Sie steht seit Juni 2023 im Bahnhof Annaberg-Buchholz Süd: Ein 23 Tonnen schwerer, straßentransportabler Container, dem man seine Innovationsrolle auf den ersten Blick nicht ansieht, und ein kurzes Stück Oberleitung. Der Test klappte, die Akkus luden.
VMS-Geschäftsführer Mathias Korda: „Noch liegt Arbeit vor dem Konsortium, um die Ladetechnik zur Serienreife zu bringen. Doch der entscheidende Schritt ist getan, um Akkuzüge bundesweit auch dort einzusetzen, wo kein Bahnstrom anliegt.“ Das deutsche Eisenbahnnetz ist nur zu reichlich 60 Prozent elektrifiziert.
Dr. Steffen Röhlig, Projektleiter von RPS für dieses Projekt: „Für den kommerziellen und regelmäßigen Einsatz muss die jetzige Pilotanlage noch ertüchtigt werden. Dazu zählt auch die Ausrüstung der Bahnsteige in Annaberg-Buchholz Süd mit Oberleitung, damit die Züge während des normalen Halts geladen werden können. Abgesehen davon haben wir bewiesen, dass sich kompakte Ladeinfrastruktur für Akkuzüge in kurzer Zeit errichten und in Betrieb nehmen lässt.“ Bis zur Vorbereitung der Ladestation für den kommerziellen Betrieb steht sie auch anderen Fahrzeugherstellern für Tests zur Verfügung.
Sören Claus, Geschäftsführer der SRCC gGmbH: „Wir sind stolz, dass wir die Entwicklung der Nachladetechnologie im Rahmen der Gesamtprojektleitung aktiv mitgestalten konnten und freuen uns auf die weitere Projektarbeit.“
Die Ladestation kann im Rahmen der Digital Rail Convention (20. bis 22. September 2023) in Annaberg-Buchholz Süd besichtigt werden. Anmeldung unter www.bemu-cs.de.
Und wie geht es nun weiter mit VMS-Akkuzügen und Ladestation? VMS-Geschäftsführer Mathias Korda: „Bereits zum Jahresbeginn hatte der VMS in Aussicht gestellt, in Tagesrandlagen Akkuzüge von der Linie Chemnitz – Leipzig zu nutzen und nach Annaberg-Buchholz verkehren zu lassen. Einen konkreten Zeitplan dafür gibt es noch nicht. Jedenfalls passiert das erst dann, wenn der Fahrbetrieb auf der Linie RE 6 Chemnitz – Leipzig stabil läuft.“
Die ersten VMS-Akkuzüge für die Bahnstrecke Chemnitz – Leipzig werden im Sommer 2024 ausgeliefert. Dann müssen Lokführer angelernt, mit dem Fahrzeugen und dem speziellen Energiemanagement vertraut gemacht werden. Auch die Wartungslogistik wird parallel aufgebaut. Spätestens Ende 2024 sollen alle Fahrzeuge im Liniendienst verkehren und die bisherigen diesellokbespannten DDR-Reisezugwagen ablösen.